Auerbacher Höllberg Pinot Blanc 2019 Dosage zero
Auerbacher Höllberg Pinot Blanc 2019 Dosage zero
Manchmal ist ein Sekt schon beim ersten Riechen eine kleine Kampfansage. Nicht gegen andere, sondern gegen jede Form von Schönfärberei. Der Granit H aus dem Auerbacher Höllberg ist so einer. Das ist kein Schaumwein, der sich über Fruchtdefinitionen verkauft. Das ist Gestein, Haltung, Präzision – und zwar in einer Konsequenz, die man in Deutschland nicht allzu oft im Glas hat.
Der Höllberg ist eine kleine Plateau-Lage, westlich ausgerichtet, rund 160 Meter über NN. Lösslehm mit Dorit, granitnah, karg im Ausdruck, immer eher Spannung als Schmelz. Und genau darauf ist dieser Pinot Blanc gebaut. Der Grundwein ohne Schwefel, später Degorgement im Sommer 2024 als Dosage Zéro, ebenfalls ohne Schwefel – das ist kein Marketing-Gag, das ist ein Statement: hier darf nichts kaschieren, nichts polstern, nichts „retten“. Wenn da etwas steht, dann steht es aus sich selbst.
Frisch geöffnet wirkt das zunächst fast ungestüm. In der Nase zieht es dich auf die kantige Seite: Brioche, Haselnuss, diese feine, würzige Wärme, die an guten Grappa erinnert – und darunter Mineralik, als hätte jemand nassen Stein aufgerieben. Frucht? Nur als Schatten. Mehr Meerwasser als Obstkorb. Feuerstein, Jod, Muschelschale, eine rauchige Kühle. Und dann, mit Luft, kippt es nicht, sondern erweitert sich: plötzlich gelber Apfel, Quitte, reife Zitrone, Zitronenschale, ein Hauch heller Tabak, leicht nussig-oxidativ, aber immer auf Linie. Das ist nicht „oxidiert“, das ist kontrollierte Reife als Teil des Charakters.
Im Mund kommt die eigentliche Magie: Spannung, Druck, Salz. Die Perlage ist akzentuiert, aber nicht nervös, eher wie ein feiner Strom, der alles trägt. Erst wirkt es fast seidig, dann setzt dieser mineralische Grip ein, Graphit und feuchter Stein, salzig-jodig, mit Salzzitrone und dieser pikanten Quittenherbheit, die den Wein so geradeaus macht. Ein Hauch Brioche ist da, ja – nur als Unterton, nie als Thema. Der Hefeschmelz gibt Tiefe, ohne irgendetwas weichzuzeichnen.
Und dann bleibt es einfach stehen. Endloser Nachhall, immer wieder Salz, immer wieder Stein, immer wieder diese präzise, leicht tränentreibende Pikanz. Das ist ganz großes Kino, weil es nicht spielen muss. Kerzengerade, kompromisslos, eigenständig – und genau deshalb so faszinierend.